Histaminunverträglichkeit

DAO

Kategorie Lexikon
Stand25.02.2011
Enthaltene Parameter
Diaminooxidase (DAO); Histamin im Stuhl; Histamin im Plasma
Zusatzinformation
Definition der Histaminunverträglichkeit
Als Histaminunverträglichkeit wird eine Symptomatik verstanden, die  durch mit der Nahrung aufgenommenem Histamin in normalerweise nicht toxischen Mengen auftritt. Die Histaminunverträglichkeit ist weder eine Allergie noch eine nicht-immunologische Nahrungsmittelunverträglichkeit, sondern eine Abbaustörung. Soweit bisher bekannt, ist die Histaminunverträglichkeit ein erworbenes Krankheitsbild, von dem etwa 1 % der europäischen Bevölkerung betroffen sei, davon sind 80 % Frauen mittleren Alters.
 
Ursachen der Histaminunverträglichkeit
Histamin ist ein biogenes Amin, welches zum einen als wichtiger Mediator vieler biologischer Reaktionen im Körper selbst gebildet zum anderen aber auch mit der Nahrung aufgenommen wird. Bei der Histaminunverträglichkeit handelt es sich um ein Ungleichgewicht zwischen der Menge an Histamin, welches mit der Nahrung aufgenommen wird, und dem Enzym, das es im Darm abbauen soll, der Diaminooxidase (DAO).
Dieses Ungleichgewicht kann aufgrund verschiedener Faktoren  zu klinischen Symptomen führen.
  •  Verzehr histaminreicher Lebensmittel: Nahrungsmittel, die lange gelagert oder gereift sind, wie z. B. alkoholische Getränke, insbesondere Rotweine und Sekt, lange gereifte Hartkäse, haltbar gemachte Rohwürste wie Salami, Fischkonserven, Sauerkraut, Tomaten/-ketchup, Nüsse, Schokolade etc.
  • Aufnahme von sog. Histaminliberatoren, d. h. Substanzen, die das im Körper befindliche Histamin freisetzen können: Diese findet man in Nahrungsmitteln, wie z. B. Erdbeeren, Zitrusfrüchten, Kiwis, Ananas, alkoholischen Getränken, aber auch in Arzneimitteln, wie Analgetika, Antiphlogistika und Röntgenkontrastmitteln.
  • Aufnahme von DAO-Hemmern, d. h. Substanzen, die das Histamin abbauende Enzym im Darm hemmen: hierzu gehören u. a. Azetylzystein, Ambroxol, Aminophyllin, Amitriptylin, Chloroquin, Clavulansäure, Isoniazid, Metamizol, Metoclopramid, Propafenon, Verapamil.
  • Verminderte Aktivität der DAO durch chronische Darmerkrankungen. Das Histamin abbauende Enzym befindet sich hauptsächlich in der Dünndarmschleimhaut, so dass es bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen, wie Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, Zöliakie, allergischen Kolitiden und anderen Darmerkrankungen oder -infektionen, möglich ist, dass die DAO unzureichend gebildet und freigesetzt wird.
 
Klinik der Histaminunverträglichkeit
Ein Überschreiten der individuellen Histamintoleranzschwelle löst bei Personen mit einer Histaminunverträglichkeit konzentrationsabhängige histaminvermittelte Symptome aus. Bei Patienten mit einer reduzierten DAO-Aktivität führt bereits die Aufnahme von geringen Mengen Histamin zu Beschwerden, die sich durch die Verteilung von Histaminrezeptoren vielgestaltig im gesamten Organismus manifestieren können.
Typische Symptome der Histaminunverträglichkeit umfassen gastrointestinale Beschwerden wie Blähungen und Diarrhoe, nasale Obstruktion, Fließschnupfen, Kopfschmerzen, Dysmenorrhoe, Kreislaufbeschwerden, Arrhythmien, Tachykardien, Urticaria, Juckreiz, Flush-Symptomatik, Asthmaanfälle.
 
Diagnosestellung einer Histaminunverträglichkeit
Bisher existiert keine einheitliche Vorgehensweise zur Diagnostik der Histaminunverträglichkeit. Bei klinischem Verdacht sollte zunächst eine sorgfältige Anamnese in Bezug auf Symptome, Triggerfaktoren, Histamin-liberierende oder DAO-hemmende Medikamente, Allergien und Begleiterkrankungen erfolgen. Das Führen eines Ernährungstagebuchs wird ebenso wie der Versuch einer Besserung unter histaminarmer Diät empfohlen.
Um definitiv abzuklären, ob eine Histaminunverträglichkeit vorliegt, kann eine doppelblinde placebokontrollierte orale Provokation unter ärztlicher Überwachung und ausreichenden Sicherheitsvorkehrungen durchgeführt werden.
Die Bestimmung der DAO-Konzentration im Serum wird kontrovers diskutiert, da der Histaminstoffwechsel noch nicht vollständig geklärt ist. Die im Blut gemessene DAO-Konzentration muss nicht mit der lokalen Aktivität in der Darmschleimhaut korrelieren, auch ist der Einfluss eines weiteren Histamin-abbauenden Enzyms, der Histamin-N-Methyltransferase, noch nicht ausreichend verstanden. Der Histamingehalt im Stuhl kann sowohl bei der Histaminunverträglichkeit als auch bei Nahrungsmittelallergien erhöht sein. Ändern sich Symptome und ein erhöhter Histamingehalt im Stuhl nach einer histaminarmen Diät nicht, muss differenzialdiagnostisch eine Nahrungsmittelallergie oder Mastozytose abgeklärt werden.
 
Therapie der Histaminunverträglichkeit
Basis der Therapie ist das Meiden von histaminreichen Nahrungsmitteln, Histaminliberatoren und DAO-hemmenden Substanzen (siehe oben). Darüber hinaus können unterstützend Cromoglicinsäure und Antihistaminika auch für den akuten Fall gegeben werden. Eine Substitution von DAO ist möglich, jedoch aufgrund mangelnder Datenlage nicht generell empfohlen.
Ausführliche Informationen über den Histamingehalt einzelner Nahrungsmittel, Rezepte für eine histaminarme Kost und Empfehlungen für eine ausgewogene Ernährung bei einer Histaminunverträglichkeit sind z. B. beim Deutschen Allergie- und Asthmabund e. V. erhältlich. Spezielle Ernährungsratgeber zum Thema "Histaminunverträglichkeit" stehen auch im Handel zur Verfügung.
Literatur
Maintz L, Novak N. Histamine and histamine intolerance. Am J Clin Nutr 2007; 85 (5): 1185-96. (12)
 
AWMF-Leitlinie 061/030: Vorgehen bei Verdacht auf Unverträglichkeit gegenüber oral aufgenommenem Histamin, Juni 2011, Allergo J, 2012, 21: 22-28. (120)
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