Hintergrund
Triglyzeride (Neutralfette) sind Ester des Glyzerins mit drei Fettsäuren, die als wichtigste Energiereserve des Körpers vor allem im Fettgewebe gespeichert werden. Haupttransportpartikel der Triglyzeride im Blut sind die im Darm gebildeten Chylomikronen (exogene Triglyzeride) und die in der Leber synthetisierten VLDL (endogene Triglyzeride). Beide werden durch die ApoC-II-abhängige, endothelständige Lipoproteinlipase (LPL) abgebaut, wobei aus den Chylomikronen die Remnants und aus den VLDL die IDL und LDL entstehen. Hohe Triglyzeridspiegel sind häufig mit einem erhöhten Anteil kleiner, dichter LDL (small, dense LDL = sdLDL) und niedrigem HDL-Cholesterin assoziiert. Dieser als atherogener Lipoprotein-Phänotyp (ALP) bezeichnete Status ist vermutlich eine der wichtigsten lipidassoziierten Risikokonstellationen für koronare Herzerkrankungen. Das individuelle kardiovaskuläre Risiko bei Hypertriglyzeridämien kann deshalb nur im Zusammenhang mit LDL-Cholesterin, HDL-Cholesterin, sdLDL und der Familienanamnese beurteilt werden. Beim Chylomikronämiesyndrom können sehr hohe Triglyzeridspiegel (> 1000 mg/dl) eine akute Pankreatitis auslösen.
Diagnostische Bedeutung
Grundlage der Diagnostik sind die Nüchtern-Triglyzeride (12 h Nahrungskarenz). Obwohl die postprandiale Hypertriglyzeridämie zunehmend an Bedeutung gewinnt, gibt es keine verlässlichen Referenzbereiche und keine standardisierten Belastungstests. Indirekt können allerdings grenzwertig hohe Nüchtern-Triglyzeride bei gleichzeitig niedrigem HDL-Cholesterin, unauffälligem LDL-Cholesterin und erhöhtem sdLDL-Anteil auf eine postprandiale Hypertriglyzeridämie hinweisen. Die intraindividuelle Variabilität der Triglyzeride kann bis zu 50% betragen, so dass erhöhte Werte durch eine Wiederholungsanalyse nach etwa 4 Wochen unter strenger Einhaltung der präanalytischen Bedingungen (12 - 14 h Nahrungskarenz, absolute Alkoholkarenz für mindestens 3 Tage) bestätigt werden sollten. Bei Vorliegen einer Hypertriglyzeridämie sollte immer nach sekundären Ursachen gefahndet werden (Nüchternglukose, oGTT, HbA1c, TSH, Nierenfunktion, GOT, GPT, GGT)
Zielbereiche
Für Triglyzeride existieren bislang keine evidenzbasierten, einheitlichen Zielbereiche. Eine Behandlung sollte nach gängiger Meinung ab Nüchtern-Triglyzeridwerten > 200 mg/dl erfolgen, um diese möglichst unter 150 mg/dl zu senken. Vorrangiges Therapieziele ist jedoch die Reduktion des kardiovaskulären Risikos und beim Chylomikronämiesyndrom die Prävention einer Pankreatitis. Für die Senkung des KHK-Risikos gilt der entsprechende LDL-Zielwert. Bei Dysbetalipoproteinämie (erhöhtes VLDL-Cholesterin) oder persistierenden Nüchtern-Triglyzeriden > 200 mg/dl ist der Non-HDL-Cholesterin-Zielwert (Non-HDL-Cholesterin = Gesamtcholesterin minus HDL-Cholesterin) besser geeignet, der 30 mg/dl über dem LDL-Zielwert liegt. Zur Vermeidung des Chylomikronämiesyndroms müssen die Nüchtern-Triglyzeride unter 1000 mg/dl gehalten werden, weshalb persistierende Nüchternspiegel > 500 mg/dl medikamentös behandelt werden sollten.
Bewertung
Erhöhte Werte
- Primäre Hypertriglyzeridämien: LPL-Defekte, ApoC-II-Mangel, familiäre Hypertriglyzeridämie, familiäre kombinierte Hyperlipoproteinämie, familiäre Dysbetalipoproteinämie (Typ III nach Fredrickson, ApoE2/E2)
- Sekundäre Hypertriglyzeridämien: physiologisch am Ende der Schwangerschaft, Lebensstil/Ernährung (Bewegungsmangel, Überernährung, einseitig kohlenhydratreiche Ernährung, Alkoholabusus), Grunderkrankungen (Diabetes mellitus, Insulinresistenz, Metabolisches Syndrom, Gicht, chronische Niereninsuffizienz, nephrotisches Syndrom, Hepatopathien, Alkoholismus, Hypothyreose, Cushing-Syndrom, monoklonale Gammopathien, AIDS, Glykogenspeicherkrankheiten), Medikamente (Betablocker, Diuretika, Glucocorticoide, Östrogene, orale Kontrazeptiva, Valproinsäure, HIV-Proteaseinhibitoren, Sirolimus, Tamoxifen)-
Falsch hohe Werte
Längere Venenstauung (> 3 min), erhöhtes freies Glyzerin (Heparintherapie, Diabetes, Hepatopathien, Nierenerkrankungen, prolongiertes Fasten). |