Hintergrund
Testosteron ist neben Dihydrotestosteron (DHT) der wichtigste Vertreter der Androgene beim Mann. Es wird in den Leydigzellen des Hodens aus Cholesterin über mehrere enzymatische Schritte gebildet. Verglichen mit Testosteron ist die Wirkung der übrigen Androgene wie Androstendion, DHEA und DHEA-S 5- bis 20-fach geringer.
Die Testosteronkonzentrationen im Serum unterliegen einem zirkadianen Rhythmus mit hohen Werten am Morgen und um etwa 25 % niedrigeren Werten am Abend. Testosteron liegt im Blut überwiegend an Proteine (SHBG, Albumin) gebunden vor. Nur ca. 2 % des Gesamttestosterons sind als biologisch aktives, freies Testosteron verfügbar. Deshalb ist für die Diagnose eines Testosteronmangels die Berechnung des freien Testosterons (Formel von Vermeulen) unter Berücksichtigung der SHBG- und Albumin-Konzentration wichtig.
Hormonwirkung
Beim Mann werden etwa 0,4 % des synthetisierten Testosterons in den Sertolizellen (20 %) und in der Peripherie (80 %) zu Östradiol (E2) aromatisiert. Testosteron und E2 sind wiederum Stellglieder für das endokrine Rückkopplungssystem.
Testosteron unterhält die Spermiogenese, fördert Wachstum und Funktion der männlichen Adnexe sowie die Entwicklung von Penis und Skrotum. Es hat eine anabole Wirkung vor allem auf die Muskulatur und das Skelettsystem und ist ferner verantwortlich für das Wachstum des Kehlkopfes, die Entwicklung der typisch männlichen Behaarung sowie die Aufrechterhaltung von Libido und Potenz. Testosteron aktiviert außerdem die Erythropoese über einen direkten Einfluss auf das Knochenmark und eine Stimulation der Erythropoietinsekretion (Androgenmangel führt zur Anämie) sowie die Funktion der Talg- und Schweißdrüsen. In vielen peripheren Organen (z. B. Haut, Haarfollikel, Talgdrüsen, Prostata, Samenbläschen, Nebenhoden, Penis und Knochen) ist nicht Testosteron, sondern das intrazellulär aus Testosteron gebildete DHT Androgenrezeptor-vermittelt wirksam.
Bei der Frau wird Testosteron im Follikel unter Einfluss von LH synthetisiert. Es fördert den Haarwuchs im Bereich der Axillen, der Pubes, steigert die Libido und beeinflusst die Größe der Klitoris und der großen Labien, ferner die Sekretion der Gonadotropine. Ein Androgenexzess führt zu Fertilitätsstörungen und Virilisierungserscheinungen.
Bewertung und diagnostisches Vorgehen
Beim Mann sollten Testosteron-Werte im unteren Referenzbereich kontrolliert werden, sinnvoll ist auch die gleichzeitige Bestimmung von SHBG zur Berechnung des freien Testosteron-Anteils (vor allem im unteren Konzentrationsbereich des Gesamttestosterons von ca. 230 - 400 ng/dl).
Bei der Frau sollte die Bestimmung in der Follikelphase erfolgen, gleichzeitige Bestimmung von SHBG für die Berechnung des FAI (Freier Androgen-Index) ist sinnvoll.
Bei Hyperandrogenämie führt die Bestimmung von DHEA-S, Androstendion und ggf. 17-OH-Progesteron weiter.
|