Hintergrund
Die Gonadotropine FSH (Follikelstimulierendes Hormon) und LH (Luteotropes Hormon) werden im Hypophysenvorderlappen (HVL) von den gonadotropen Zellen synthetisiert, gespeichert und sezerniert. FSH besteht wie LH aus zwei Polypeptidketten (alpha- und beta-Kette). Die alpha-Kette beider Hormone ist praktisch identisch, die beta-Kette ist unterschiedlich, biologisch aktiv ist nur das intakte Molekül. Die Steuerung der Synthese und Sekretion erfolgt durch das hypothalamische Gonadoliberin (Gonadotropin-Releasing-Hormon = GnRH, LHRH), das sich an Rezeptoren des HVL bindet. Die pulsatile GnRH-Sekretion wird vor allem durch Neurotransmitter beeinflusst: Dopamin wirkt hemmend, Noradrenalin stimulierend. Auch die Sekretion von FSH und LH erfolgt pulsatil. Nach außen wird der pulsatile Effekt von FSH wegen der HWZ von 2 - 3 Stunden im Gegensatz zu LH (HWZ: 50 - 60 min) nicht deutlich sichtbar. Nur die pulsatile Form der LH-Freisetzung ermöglicht eine normale Steroidsynthese; bei Dauerstimulation würden sich die LH-Rezeptoren und damit die Steroidsythese vermindern.
Hormonwirkung und Regulation
Bei der Frau stimuliert LH in der Proliferationsphase des Monatszyklus die Androgensekretion (Steroidvorstufen bis zum Androstendion) in den Thekazellen des Follikels. Die Androgene diffundieren in die Granulosazellen, wo sie als Präkursoren für die Östradiol-Synthese (Aromataseenzyme) dienen. Die vermehrte Bildung von E2 im dominanten Follikel kurz vor der Ovulation führt kurzfristig zu einem stimulierenden Effekt auf die Ausschüttung von LH und FSH. Die Ovulation erfolgt 24 - 30 Stunden nach dem präovulatorischen LH-Peak. In der Lutealphase wirkt LH luteotrop, d. h. es fördert die Bildung, Erhaltung und Funktionsfähigkeit des Corpus luteum. LH bewirkt dabei die Umwandlung der Theka- und Granulosazellen des GRAAF`schen Follikels zu lipoidreichen Luteinzellen (Luteinisierung), die den Gelbkörper (Corpus luteum) bilden und die Synthese von Progesteron aufnehmen, welches zusammen mit E2 für den Aufbau eines funktionstüchtigen Endometriums verantwortlich ist. Die LH- und FSH-Konzentrationen werden durch ein negatives Feedback über E2 und Progesteron auf das basale Niveau gesenkt. Abfallende Konzentrationen von Östradiol (E2) und Progesteron einige Tage vor Einsetzen der Periode führen zum FSH-Anstieg. Während ein neuer Follikel heranreift, fällt FSH wieder ab.
FSH moduliert in den Granulosazellen die Aromatasefunktion (Umwandlung von Testosteron in E2) und stimuliert die Synthese des eigenen Inhibitors Inhibin (siehe dort), ein Peptid, das selektiv die Freisetzung von FSH im HVL inhibiert. Das negative Feedback geht durch das Absinken der Östrogene und Gestagene in der Menopause mehr oder weniger rasch verloren, so dass eine überschießende FSH- und LH-Sekretion resultiert.
Beim Mann werden Proliferation und Differenzierung der Spermatogonien vor allem durch FSH gefördert. Erst die spätere Ausreifung der Samenzellen wird durch Testosteron beeinflusst, das aus den Leydigzellen heraus per diffusionem in die Sertolizellen gelangt. Als Stellglied für das endokrine Rückkopplungssystem wirkt Testosteron vorwiegend auf der hypothalamischen Ebene durch Beeinflussung des Impulsgenerators. LH stimuliert die Androgen-Synthese in den Leydigzellen des Hodens.
Das negative Feedback erfolgt durch die Androgene Testosteron, 5-Alpha-Dihydrotestosteron (DHT) und Inhibin, welches in den Tubuli der Hoden gebildet wird. Im Gegensatz zur Frau ist dieses meist erst im Greisenalter aufgehoben.
Beim Kind sind FSH und LH für die Entwicklung der Pubertät verantwortlich. Der Regelkreis Hypothalamus-HVL-Gonaden schaukelt sich dabei auf ein höheres Konzentrationsniveau der beteiligten Östrogene und Androgene.
Bewertung
- Ein erhöhter LH/FSH-Quotient (> 2) am 3. - 5. Zyklustag kann auf ein PCO-Syndrom bzw. eine Hyperandrogenisierung hinweisen.
- Eine dauerhafte Erhöhung von LH und FSH spricht für eine primäre Gonadeninsuffizienz.
- In der Prämenopause kommt es zu einer zunehmenden Corpus luteum-Insuffizienz mit anovulatorischen Zyklen mit Blutungsstörungen; zuerst Anstieg des FSH mit zunächst unregelmäßig erhöhtem LH, niedrigen Östradiolwerten, später (in der Menopause) anhaltender Erhöhung von LH und FSH. In der Postmenopause kommt es zu einer weiteren Erhöhung der Gonadotropinkonzentrationen und ausgeprägten Abnahme der Östradiolwerte.
- Eine dauerhafte Erniedrigung von LH und FSH bei Amenorrhoe spricht für eine sekundäre Ovarialinsuffizienz. Die Ursache für die meisten primären oder sekundären hypo- oder normogonadotropen Amenorrhoen ist eine unkoordinierte, verminderte oder fehlende pulsatile Sekretion des GnRH. Organische Ursachen können sein: Hypophysentumoren, Hypophysenstielläsionen, vaskuläre Prozesse, aber auch emotionale Deprivationen, die zu hypothalamischen Dysfunktionen mit gestörter, verminderter oder fehlender Gonadotropin-Sekretion führen.
Zur Beurteilung der Ovarialfunktion sollten LH und FSH am 3. - 5. Zyklustag gemessen werden. Mittzyklisch gemessene LH- und FSH-Werte können eine primäre Ovarialinsuffizienz vortäuschen. Eine Klärung kann durch die Messung von E2 erfolgen. Ein hoher E2-Wert bestätigt einen mittzyklisch gemessenen LH-Wert.
Bei Störungen der LH-Sekretion muss die Medikamentenanamnese beachtet werden: Anabolika, Dopamin-Antagonisten, dopaminerge Substanzen, H2-Blocker, Psychopharmaka u. a.
Diagnostische Hinweise
Die Basisuntersuchung zur Abklärung eines Hypogonadismus sollte die Bestimmungen von LH, FSH und zusätzlich Testosteron beim Mann, bei der Frau zusätzlich von Prolaktin und Östradiol umfassen.
Zur Prüfung der Achse Hypothalamus-Hypophyse-Gonaden sind Funktionsprüfungen (z. B. LHRH-Test) ratsam. |