Hintergrund
Die HDL (High Density Lipoprotein) sind die kleinsten Lipoproteine mit der größten Dichte, die ca. 25 % des Serum-Gesamtcholesterins enthalten. Sie entstehen als Apolipoprotein A-1(ApoA-1)-haltige, diskoidale Vorläufer in Leber und Darm sowie beim Abbau der triglyzeridreichen Lipoproteine (Chylomikronen, VLDL). Aus ihnen werden durch die ApoA-1 vermittelte Aufnahme überschüssigen, freien Cholesterins aus den Membranen der peripheren Zellen die sphärischen HDL gebildet. Dabei wird das freie Cholesterin durch die LCAT (Lecithin-Cholesterin-Acyltransferase) verestert und von der Oberfläche in das Innere der HDL-Mizelle verlagert. Weitere Veränderungen der HDL-Zusammensetzung erfolgen über den Cholesterinester/Triglyzerid-Austausch mit den ApoB-haltigen Lipoproteinen (VLDL, LDL) durch das CETP (Cholesterinester-Transferprotein). Die Hauptfunktion der HDL besteht im Rücktransport des überschüssigen Cholesterins zur Leber (reverser Cholesterintransport), wo es zu Gallensäuren abgebaut und mit der Galle ausgeschieden wird. Darüber hinaus werden ihnen allgemeine gefäßschützende Eigenschaften zugeschrieben. Diese Erkenntnisse führten zu der Ansicht, dass die HDL einer der wichtigsten Schutzfaktoren vor Atherosklerose sind, die ab einer gewissen Konzentration (HDL-Cholesterin > 60 mg/dl) sogar einen Risikofaktor neutralisieren können. Das einfache Konzept des "guten HDL-Cholesterins" ist heute jedoch nicht mehr haltbar. Niedrige HDL-Spiegel sind nicht immer mit einem erhöhten Atherosklerose-Risiko assoziiert und erhöhte HDL-Spiegel wirken nicht zwangsläufig protektiv. Der antiatherogene Effekt der HDL hängt vielmehr von funktionellen Eigenschaften der HDL ab, die noch weitgehend unverstanden sind.
Diagnostische Bedeutung und Messmethoden
Die Bestimmung des HDL-Cholesterins erfolgt mit homogenen HDL-Direktassays. Obwohl prinzipiell ein hohes HDL-Cholesterin anzustreben ist, gibt es aufgrund der noch unklaren kausalen Zusammenhänge und der mangelnden interventionellen Möglichkeiten keine therapeutischen Zielwerte. Bei akzeptablen und hohen HDL-Konzentrationen kann der LDL/HDL-Quotient zur Abschätzung des Risikos nützlich sein:
LDL/HDL < 3: niedriges KHK-Risiko
LDL/HDL 3 - 4: mittleres KHK Risiko
LDL/HDL > 4: hohes KHK-Risiko
Bewertung
Erhöhte Werte: körperliches Training (regelmäßiger Ausdauersport), moderater Alkoholkonsum (nicht bei Hypertriglyzeridämie!), Medikamente (Östrogene, Nicotinsäure, Fibrate), CETP-Defizienz.
Falsch hohe Werte: längere Venenstauung (> 3 min), atypische VLDL (ß-VLDL) bei Dysbetalipoproteinämie, mit den meisten Methoden bei Triglyzeriden > 1000 mg/dl.
Erniedrigte Werte:
Primärer HDL-Mangel (HDL-C < 20 mg/dl + normale/erhöhte Triglyzeride)Null-Mutationen des ApoA-I-Gens, Fischaugenkrankheit (LCAT-Mangel), Tangier-Disease (homozygote ABCA-1-Defekte), Familiärer HDL-Mangel (heterozygot ABCA-1-Defekte)
Sekundärer HDL-Mangel (HDL-C 20-40 mg/dl + erhöhte Triglyzeride) Adipositas, Insulinresistenz, Diabetes mellitus, metabolisches Syndrom, ALP (Atherogener Lipoprotein-Phänotyp). |