Retikulozyten-Hämoglobin RET-He:
Die Bestimmung des Hämoglobingehalts von Retikulozyten, RET-He (= Reticulocyte Haemoglobin Equivalent), ist ein Parameter zur Diagnose und zum Monitoring der Eisenversorgung für die Erythropoese. Eisendefizite oder Veränderungen im Eisenstatus der Erythropoese sind wegen der ca. 120-tägigen Lebenszeit von Erythrozyten mit klassischen hämatologischen Parametern wie HGB, MCV, MCH oder auch mit der Bestimmung hypochromer Erythrozyten (% Hypo) erst spät zu erkennen. Retikulozyten, die Vorstufen der reifen Erythrozyten, werden vom Knochenmark ins periphere Blut geschwemmt und reifen hier in der Regel innerhalb von zwei Tagen zum reifen Erythrozyten aus. Die Bestimmung der Retikulozytenzahl erlaubt daher eine zeitnahe Aussage über die »Quantität« der Erythropoese im Knochenmark. Eine Messung des Hämoglobingehalts der Retikulozyten
spiegelt die aktuelle Eisenversorgung der Erythropoese wider und ermöglicht die Beurteilung der »Qualität« der Zellen. Veränderungen im Eisenstatus der Erythropoese können somit wesentlich frühzeitiger erkannt werden als nur durch die Bestimmung des Hämoglobingehalts »reifer« Erythrozyten, des MCH.
Diagnose von Eisenmangel:
Herkömmliche biochemische Marker zur Untersuchung des Eisenstatus, wie Serumeisen, Transferrin
oder Ferritin, sind z. B. bei einer Entzündung im Zuge einer Akutphasen-Antwort oder bei vielen anderen Erkrankungen zum Teil so stark beeinflusst, dass eine klinische Interpretation der Ergebnisse erschwert oder unmöglich ist. So weisen z. B niedrige Ferritinwerte eindeutig auf einen Eisenmangel
hin, während normale oder erhöhte Werte hierüber keine eindeutige Aussage zulassen. Bei chronischen
Erkrankungen wie der rheumatoiden Arthritis, aber auch bei Leberschäden, Tumoren oder bei terminaler Niereninsuffizienz (Dialysepatienten), kann Ferritin auch bei einem Eisenmangel erhöht sein. Die Messung des Hämoglobingehalts der Retikulozyten zeigt jedoch auch bei diesen Krankheiten, ob adäquat Eisen für die Hämoglobinsynthese zur Verfügung steht. Die momentane »Qualität« der Erythropoese kann somit zeitnah erfasst werden und liefert ein wichtiges Hilfsmittel bei der Diagnose und
dem Monitoring von Eisenmangel-Erkrankungen.
Indikation für die Bestimmung des RET-He ist zum Beispiel die Diagnostik des funktionellen Eisenmangels. Der funktionelle Eisenmangel bezeichnet einen Zustand, in dem zwar im Organismus ausreichend Eisen vorhanden ist, die Eisenspeicher gefüllt sind (Ferritin normal oder erhöht), dieses Eisen
aber aufgrund einer Störung des Eisenstoffwechsels bei der Erythropoese nicht in die Zellen gelangt.
Die Ursachen dafür sind vielfältig. Die gängige Therapie bei Eisenmangelanämie, Gabe von Erythropoietin (Epo) zur Induktion der Erythrozytenproduktion, in Kombination mit oralen Eisenpräparaten zum Auffüllen der neu produzierten Zellen, kann hier offensichtlich nicht zum Erfolg führen. Die Gabe von
intravenösem Eisen hingegen umgeht einen großen Teil des Eisenstoffwechsels, indem das Eisen direkt
in das Blut eingebracht wird, und führt bei funktionellem Eisenmangel viel schneller zum Erfolg. Ein
therapeutischer Einsatz von RET-He ist hier sehr nützlich, um den Erfolg von Erythropoietin- und/oder
Eisentherapie zeitnah zu überwachen.
Quelle:https://www.sysmex.de/fileadmin/media/f101/Xtra/Themenblaetter/13.1.10_RET_HE__RZ_Web.pdf |