Hintergrund
Die freien Leichtketten sind „Nebenprodukte“ der Immunglobulin-Synthese durch B-Lymphozyten. Menschliche Immunglobulin-Moleküle enthalten zwei identische Schwerketten (a, d, e, g oder m) und zwei identische Leichtketten, die als kappa- oder lambda-Isotypen existieren und durch kovalente Bindungen mit schweren Ketten verbunden sind. Während der Produktion von intakten Immunglobulinen, produzieren Plasmazellen einen Überschuss an leichten kappa- und lambda-Leichtketten, die als freie Leichtketten sekretiert werden. Aufgrund der hohen fraktionierten Ausscheidung und des Katabolismus der Nieren beträgt die Halbwertszeit von freien Leichtketten im Humanserum nur wenige Stunden. Stattdessen ist bei Liquor die Clearance langsamer und kann sogar ein geringer Anstieg der freien Leichtketten erkennbar sein.
Obwohl die freien Leichtketten ursprünglich als irrelevante Nebenprodukte der Plasmazell-Immunglobulin-Produktion wahrgenommen wurden, wird zunehmend erkannt, dass sie wichtige Funktionen haben, einschließlich der Teilnahme an Mastzell-gesteuerter Überempfindlichkeit, antiangiogenen und proteolytischen Aktivitäten und Protein-Targeting.
Der kappa-Typ der FLC, die vorwiegend als Monomer (22 kDa) im Blut und Liquor zirkuliert, gewann in der Neurologie eine größere diagnostische Relevanz als sein immunologischer Partner, der lambda-Typ der FLC.
Indikation
Eine intrathekale Immunglobulin-Synthese ist eine klinisch häufige und diagnostisch wichtige Fragestellung. Sowohl im Rahmen einer Autoimmunerkrankung (wie MS) als auch im Rahmen einer Infektion (wie eine virale oder eine bakterielle Meningitis) kann es zu einer Immunglobulin-Synthese kommen. In beiden Fälle ist die schnelle und zuverlässige Diagnostik wichtig.
Die Bestimmung der kappa FLC im Liquor ist eine schnelle und zuverlässige Methode, welche aktuell komplementär zur isoelektrische Fokussierung zum Nachweis einer intrathekalen IgG-Synthese angewendet wird.
Befundbewertung
Es gibt verschiedene Ansätze zur Bestimmung der intrathekalen KFLC-Fraktion. Die gebräuchlichste Methode ist die Berechnung des Liquor/Serum-Quotienten unter Bezugnahme auf Albumin Liquor/Serum Quotienten (QKFLC/QAlb), den sogenannten KFLC-Index.
Kürzlich entwickelte Prof. Reiber und Kollegen, im Gegensatz zum nicht-physiologischen linearen Index, eine theoretisch und empirisch fundierte hyperbolische Funktion, ähnlich seiner gut etablierten hyperbolischen Funktion für die Immunglobuline G, A, M mit dem Ziel, die diagnostische Sensitivität und Spezifität für die Bestimmung einer intrathekalen kappa FLC zu verbessern. Ähnlich wie bei Reiber-Diagrammen für die intrathekale Synthese von Immunglobulinen kann angenommen werden, dass der Liquor/Serum-KFLC-Quotient (Qkappa) über der hyperbolischen Grenzlinie Qkappa(lim) liegt.
Für die Diagnose von Multipler Sklerose weist die quantitative KFLC-Analyse eine Sensitivität von 93% auf, könnte jedoch bei anderen Krankheiten mit einer weniger intensiven intrathekalen Immunantwort fehlschlagen, bei denen der theoretisch begründete Vorteil der qualitativen Methode gegenüber der quantitativen Methode besteht.
Derzeit, trotzt einer guten Sensitivität, können die kFLC die oligoklonalen Banden noch nicht ersetzen, aber in bestimmten Fällen können ein unterstützende, quantitative Parameter sein, z.B. in oligoklonale Banden-negativen MS-Fällen oder in nicht eindeutigen oligoklonale Banden-Befunde .
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