Antioxidative Kapazität

ACU, ACL, TAS (Totaler Antioxidantien Status)

Kategorie Lexikon
Stand09.03.2012
Abrechenbarkeit EBM
Enthaltene Parameter
ACL (Antioxidative Kapazität lipidlöslicher Substanzen); ACU (Antioxidative Kapazität wasserlöslicher Substanzen)
Zusatzinformation
Hintergrund
Im menschlichen Organismus existieren komplexe antioxidative Schutzmechanismen, um bei sauerstoffumsetzenden Stoffwechselvorgängen dessen reaktive Radikale (ROS) zu entgiften. ROS werden auch im gesunden Körper gebildet und reagieren meist sofort mit unmittelbar benachbarten zellulären Strukturen, wie Lipiden, Proteinen und Nukleinsäuren. Treffen diese Verbindungen z. B. auf Lipidmembranen oder Lipidvesikel, können sie darin enthaltene ungesättigte Fettsäuren oxidieren, so dass Lipidperoxide entstehen. Ein Übermaß an Lipidperoxiden wird mit dem natürlichen Alterungsprozess sowie mit verschiedenen Krankheitsbildern (z. B. Arteriosklerose, Autoimmunerkrankungen, Krebs oder neurodegenerativen Erkrankungen) assoziiert. Die Entstehung von ROS kann endogen, z. B. im Rahmen der Immunantwort, bei Hyperglykämie oder Hämochromatose, oder exogen, z. B. durch Strahlung, Zigarettenrauch, Ozon, Schwermetalle, bedingt sein.
Die Wirkung der ROS wird durch verschiedene körpereigene Schutzsysteme lokal begrenzt, die sich mit der Menge der anfallenden ROS im Gleichgewicht befinden müssen, um eine antioxidative Homöostase aufrechtzuerhalten. Zu den nicht-enzymatischen antioxidativen Substanzen gehören z. B. Vitamin C, Vitamin E und Coenzym Q10. Zu den enzymatischen Antioxidantien zählen u. a. die Glutathionperoxidase und die Superoxiddismutase, die als wichtige Kofaktoren Kupfer, Selen und Zink benötigen.
 
Bewertung
Die Bestimmung der antioxidativen Kapazität ermöglicht, eine Entgleisung der funktionellen antioxidativen Homöostase zu erkennen. Es erfolgt eine getrennte Bestimmung der antioxidativen Kapazität lipidlöslicher Substanzen (ACL) und der antioxidativen Kapazität wasserlöslicher Substanzen (ACU). Gemessen wird die Harnsäure-unabhängige ACU. Die Bestimmungsmethode erfasst alle wichtigen antioxidativen Schutzfaktoren, wie Vitamin C, Vitamin E, Coenzym Q10, Carotinoide, Bilirubin, Harnsäure und Metallbindungsprotein (z. B. Coeruloplasmin, Transferrin, Ferritin). Da der Organismus jedoch eine beginnend hohe Konzentration an ROS mit dem noch vorhandenen Pool an Antioxidantien zunächst entgiften kann, sinkt die antioxidative Kapazität erst verzögert ab.
 
Weiterführende Diagnostik und Interpretation
Bei verminderter ACL ist die Bestimmung von Vitamin E, beta-Carotin und Ubichinon ratsam.
Bei verminderter ACU ist die Bestimmung von Vitamin C sinnvoll.
Die direkte Messung von ROS ist aufgrund ihrer Kurzlebigkeit im menschlichen Probenmaterial nur schwer möglich. Es können jedoch zusätzlich sekundäre Reaktionsprodukte der ROS, wie z. B. das Malondialdehyd (siehe dort), Lipidperoxide (siehe dort) und reduziertes Glutathion (siehe dort) bestimmt werden. Ferner können enzymatische Antioxidantien, wie die Glutathion-Peroxidase (siehe dort) und die Superoxid-Dismutase (siehe dort), separat untersucht werden. Insbesondere bei bestehendem Arteriosklerose-Risiko sollte auch der Homocystein-Spiegel untersucht werden.
Literatur
Pagel P, Müller D, Heilmeyer P. Determination of the total water and lipid-soluble antioxidative capacity in serum of persons with and without vitamin supplementation with photo-induced chemiluminescence (Photochem, Fa. Analytik Jena AG). Clin Chem Lab Med 41: A72, 2003. (132)
 
Gutteridge JM. Lipid peroxidation and antioxidants as biomarkers of tissue damage. Clin Chem 41: 1819-28, 1995. (133)