Schilddrüsen-Autoantikörper

Kategorie Lexikon
Stand19.01.2012
Abrechenbarkeit EBM
Enthaltene Parameter
AK gg Thyreoglobulin (TAK, Tg-AK); AK gg TPO (Thyreoidale Peroxidase, MAK); AK gg TSH-Rezeptor (TRAK)
Zusatzinformation
Hintergrund
Bei der Diagnostik von Autoimmunkrankheiten der Schilddrüse werden vor allem drei Autoantikörper (AAK) bestimmt:
  • AK gegen thyreoidale Peroxidase (TPO-AK), das spezifische Antigen der früher gebräuchlichen mikrosomalen AK (MAK)
  • Thyreoglobulin-Antikörper (Tg-AK, TAK), gegen das kolloidale Thyreoglobulin gerichtet
  • TSH-Rezeptor-Antikörper (TRAK), binden an Thyreotropin-Rezeptoren der Schilddrüsenzellen, mit blockierender oder stimulierender Wirkung.
 
Diese AAK treten bei Autoimmunkrankheiten der Schilddrüse in unterschiedlichem Muster auf: Vorwiegend TPO- und Tg-AK werden bei der chronischen Autoimmunthyreoiditis (Hashimoto-Thyreoiditis), in niedrigen Konzentrationen teilweise auch bei der nachfolgenden Autoimmunhypothyreose gefunden. TRAK hingegen treten vor allem bei Autoimmunhyperthyreose (Morbus Basedow) auf und sind hier oft von leicht bis mäßig erhöhten TPO-AK, weniger auch von Tg-AK begleitet.
 
Diagnostik der Autoimmunthyreoiditis (Hashimoto-Thyreoiditis)
Die Autoimmunthyreoiditis verläuft in der Regel chronisch, bleibt häufig klinisch unbemerkt und führt meist zu einer primären Hypothyreose. Daher sollte bei jeder erworbenen Hypothyreose nach TPO-AK (und ggf. auch Tg-AK) gesucht werden. Bei Patienten mit Hinweis auf eine Autoimmunthyreoiditis ist zur frühzeitigen Hypothyreose-Erkennung regelmäßig die Schilddrüsenfunktion mittels TSH-Bestimmung zu überwachen. Im akuten Stadium der Autoimmunthyreoiditis kann auch eine Hyperthyreose auftreten. Fehlende AAK schließen eine Autoimmunthyreoiditis nicht aus. Diagnostisch hilfreich kann in diesen Fällen und zur Abgrenzung gegenüber einem Karzinom, einer subakuten Thyreoiditis und einem malignem Lymphom die Feinnadelpunktion mit zytologischer Untersuchung sein.
 
Bewertung Thyreoidale Peroxidase-AK (TPO-AK)
Deutlich erhöhte TPO-AK sind immer ein Hinweis auf eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse. Bei Hashimoto-Thyreoiditis treten in ca. 90 % erhöhte TPO-AK auf, bei lange bestehenden chronischen Immunthyreoiditiden oft nur grenzwertig erhöhte oder unauffällige Werte. Fehlender TPO-AK-Nachweis schließt daher eine Autoimmunthyreoiditis nicht aus. Bei autoimmuner Hyperthyreose (M. Basedow) werden in 70 - 80 % leicht bis mäßig erhöhte TPO-AK gefunden.
Leicht erhöhte Werte können auch vorkommen bei subakuter Thyreoiditis (de Quervain) bzw. akuter Thyreoiditis, anderen Schilddrüsenerkrankungen (Struma, Adenom, Karzinom), Kollagenosen und anderen Autoimmunkrankheiten. Auch an eine Kombination der Autoimmunthyreoiditis mit weiteren Autoimmunkrankheiten (z. B. Perniziosa, Nebenniereninsuffizienz, Diabetes mellitus Typ I, Sjögren-Syndrom) muss hierbei gedacht werden. Bei Vorliegen von TPO-AK während der Schwangerschaft muss in bis zu 50 % der Fälle mit einer postpartalen Thyreoiditis gerechnet werden. Die Bestimmung von TPO-AK im 1. Trimenon ist v. a. bei Typ-I-Diabetikerinnen und bei familiärer Anamnese einer Schilddrüsenerkrankung indiziert. Bei Behandlung mit Medikamenten, die die Schilddrüsenfunktion beeinträchtigen können (z. B. Amiodaron, Lithiumsalze, Interferon, Interleukin-2), kann die Bestimmung der TPO-AK zur Risikobeurteilung bezüglich der Entwicklung einer Hypothyreose herangezogen werden.
 
Bewertung Thyreoglobulin-AK (Tg-AK)
Bei Hashimoto-Thyreoiditis finden sich in ca. 60 - 80 % erhöhte Tg-AK, oft weniger stark erhöht als TPO-AK, in ca. 6 % ein isolierter Nachweis von Tg-AK. Bei Autoimmunhyperthyreose finden sich in ca. 12 - 30 % leicht, in ca. 2 % deutlich erhöhte Werte. Ähnlich wie TPO-AK können niedrig konzentrierte Tg-AK auch bei verschiedenen anderen Autoimmunkrankheiten vorkommen, bei ca. 8 % der 60 - 65-jährigen Männer und ca. 20 % der Frauen in diesem Alter finden sich leicht erhöhte Tg-AK.
Tg-Ak können mit der Thyreoglobulin-Bestimmung (Nachsorge beim SD-Karzinom) interferieren, persistierende Tg-AK nach kompletter Thyreoidektomie können auf verbliebenes Tg-bildendes Gewebe oder Metastasen hinweisen.
 
Bewertung TSH-Rezeptor-AK (TRAK)
TRAK sind bei der Autoimmunhyperthyreose (M. Basedow) in über 90 % der Fälle nachweisbar, daneben können sie seltener bei Autoimmunthyreoiditis und vereinzelt beim Lupus erythematodes auftreten. Wichtig sind TRAK vor allem für die Differenzierung zwischen M. Basedow und diffuser bzw. multifokaler Autonomie: Nachweisbare AK sprechen für das Vorliegen eines M. Basedow, ein negativer Test schließt ihn allerdings nicht aus. Da TRAK auch bei der Autoimmunthyreoiditis in niedriger Konzentration auftreten können, eignen sie sich weniger zur Abgrenzung eines M. Basedow von einer transienten Hyperthyreose bei der Autoimmunthyreoiditis. Bei der endokrinen Orbitopathie lassen sich ebenfalls TRAK nachweisen, auch wenn eine begleitende Immunhyperthyreose fehlt.
Bei Schwangeren mit M. Basedow weisen hohe TRAK-Konzentrationen auf ein erhöhtes Risiko für die Entstehung einer fetalen Hyperthyreose hin, ebenso der Nachweis von TRAK im Serum des Neugeborenen.
Für die Verlaufskontrolle bei Autoimmunhyperthyreose sind die TRAK weniger geeignet, da sie trotz Besserung der klinischen Symptome oft persistieren. Dies kann daran liegen, dass AAK mit stimulierender Wirkung im Verlauf der Erkrankung zu blockierenden AAK wechseln, die verwendeten Testsysteme aber keine Unterscheidung zwischen diesen beiden AAK-Aktivitäten zulassen.
Literatur
Conrad K, Schößler W, Hiepe F. Autoantikörper bei organspezifischen Autoimmunerkrankungen. Ein diagnostischer Leitfaden. Dustri Verlag, 2011. (160)