Vorkommen und Exposition
Das toxische Schwermetall Blei (Pb) wird in Batterien und Akkumulatoren, als Zusatz von Kunststoffen, in Farben, Pigmenten, Kabeln, Lagern und anderen Metallwaren eingesetzt. Neben einer beruflichen Exposition in der Blei-, Eisen- und Stahlindustrie kann eine Aufnahme u. a. durch Feuerungsabgase, Tabakrauch, Schnupftabak, Trinkwasser (bleihaltige Leitungen), Benutzung von Geschirr mit bleihaltiger Glasur, Heilkräutermixturen und Medikamente, die unter nicht-kontrollierten Bedingungen hergestellt wurden, erfolgen.
Aufnahme
Die Aufnahme erfolgt inhalativ, peroral und über die Haut. Blei wird in der Lunge zu 30 - 50 % und aus dem Magen-Darm-Trakt zu 5 - 10 % resorbiert. Kinder haben eine deutlich höhere Resorptionsrate als Erwachsene. Nach Resorption wird Blei im Blut zu 90 % in Erythrozyten eingelagert. Von dort verteilt es sich in Leber, Niere und ZNS sowie in das Skelett, wo es mit einer Halbwertszeit von 10 - 13 Jahren als Bleiphosphat deponiert wird. Die Ausscheidung erfolgt zu 70 % renal.
Toxische Wirkung
Akute und chronische Intoxikationen betreffen vor allem das hämatopoetische System, den Magen-Darm-Trakt, das zentrale und periphere Nervensystem und die Nieren.
Akute Bleiintoxikation: Bleikolik mit Appetitverlust, Obstipation, Gastroenterokolitis, Koliken, Hämolyse, Leberversagen, Atemstörungen, Lähmungen.
Chronische Bleiintoxikation: Hypochrome Anämie, Übelkeit, Erbrechen, Obstipation, Spasmen, Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen, psychische Alterationen, Neuropathien: „Fallhand“, Nephropathie, Bleisaum am Zahnfleisch.
Bewertung
Bei Werten > 30 µg/l im Urin sollte auch Blei im Blut bestimmt werden, da die Bleibestimmung im Blut diagnostisch zuverlässiger als im Urin ist. Da die Halbwertszeit von Blei in Erythrozyten jedoch nur 10 - 20 Tage beträgt, hat die Blutbestimmung insbesondere bei länger zurückliegender Bleiexposition Einschränkungen. Hier sind etwa 90 % des gesamten Körperbleibestandes im Skelettsystem gebunden.
Neuere Daten zeigen, dass auch unterhalb eines Blutbleispiegels von 100 µg/l schädliche Auswirkungen des Bleis auftreten können. Eine „Wirkschwelle“ für Blei konnte bisher nicht definiert werden.
Weitere Laborbefunde bei chronischer Bleiintoxikation
- Delta-Aminolävulinsäure im Urin: erhöhte Ausscheidung
- Porphyrine im Urin: Zunahme der Koproporphyrin III-Ausscheidung
- Blutbild: hypochrome Anämie, Anisozytose, Poikilozytose, Vermehrung der basophilen Tüpfelung der Erythrozyten
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Umweltbundesamt. Neue und aktualisierte Referenzwerte für Antimon, Arsen und Metalle (Blei, Cadmium, Nickel, Quecksilber, Thallium und Uran) im Urin und im Blut von Kindern in Deutschland. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz 52: 977-82, 2009. (76)
Umweltbundesamt. Aktualisierung der Referenzwerte für Blei, Cadmium und Quecksilber im Blut und im Urin von Erwachsenen. Bundesgesundheitsblatt Gesundheitsforschung Gesundheitsschutz 46: 1112-3, 2003. (77)
Deutsche Forschungsgemeinschaft. MAK- und BAT-Werte-Liste 2010. Wiley-VCH Verlag, 2010. (78) |