ApoE-Genotypisierung

Apolipoprotein E

Kategorie Laboruntersuchung
Stand26.03.2024
Abrechenbarkeit EBM
ErbringerEigenleistung
MethodePCR / Reverse Hybridisierung
Material2 ml EDTA-Blut
Indikation
Diagnostische Absicherung der Familiären Dysbetalipoproteinämie („broad beta disease“, Typ III nach Fredrickson), Abklärung kombinierter Hyperlipoproteinämien, erhöhte LDL-Cholesterinspiegel unklarer Genese, Hypercholesterinämien mit familiärer Häufung, Morbus Alzheimer, Demenzen unklarer Ätiologie
Kurzinformation
Unterliegt dem GenDG! Die Einwilligungserklärung des Patienten für humangenetische Untersuchungen muss vorliegen!
Zusatzinformation
Hintergrund
(Datenbankeintrag: OMIM 107741)
Apolipoprotein E (ApoE) ist ein wichtiges, glykosyliertes Apolipoprotein der triglyzeridreichen Lipoproteine (Chylomikronen, VLDL, IDL) und der HDL. Es wird hauptsächlich in der Leber, aber auch im Nervensystem (Astrogliazellen) und anderen Zellen (Monocyten, Makrophagen) synthetisiert. Als Ligand für mehrere Rezeptoren der LDL-Rezeptor-Genfamilie (LDL-R, LRP, VLDL-R) spielt es eine zentrale Rolle beim Abbau der triglyzeridreichen Lipoproteine. Zudem beeinflusst es die VLDL-Synthese und ist an der Entfernung überschüssigen Cholesterins aus Zellmembranen mit Rücktransport zur Leber durch die HDL beteiligt (reverser Cholesterintransport). Neben seiner Bedeutung im Lipidstoffwechsel werden dem ApoE zahlreiche andere Funktionen zugeschrieben: Modulation der zellulären Immunantwort, Hemmung der Thrombozytenaggregation, Beeinflussung von Wachstum und Differenzierung von Neuronen, Abbau neurotoxischer Amyloid-Peptide und Plaque-Komplexe.
Aufgrund von Polymorphismen im ApoE-Gen gibt es verschiedene ApoE-Isoformen, die maßgeblich die funktionellen Eigenschaften des ApoE bestimmen. Aus den 3 wichtigsten Isoformen E2, E3 und E4 ergeben sich 6 Phänotypen mit unterschiedlicher Häufigkeit. Der dominierende Phänotyp ist ApoE3/E3 (60 %), gefolgt von den Phänotypen ApoE3/E4 (23 %), ApoE2/E3 (12 %), ApoE2/E4 (2 %), ApoE4/E4 (2 %) und ApoE2/E2 (1 %).
 
Klinische Bedeutung
ApoE3 ist die normal funktionierende Isoform ohne Zusammenhang mit bestimmten Erkrankungen. ApoE2 hat eine deutlich verminderte Affinität zum LDL-Rezeptor. Bei ApoE2/E2-Homozygotie kann eine normolipämische Dyslipoproteinämie mit niedrigen Serum-Cholesterinspiegeln (< 130 mg/dl), sehr geringem LDL-Cholesterin und grenzwertig hohen Serumtriglyzeriden ohne erhöhtes Atheroskleroserisiko auftreten. Bei 2 - 5% aller ApoE2/E2-Homozygoten kommt es aufgrund des Vorhandenseins weiterer Risikofaktoren (Gene für andere Hyperlipoproteinämien, Diabetes mellitus, Schilddrüsenunterfunktion, Fehlernährung) zur Ausprägung einer Dysbetalipoproteinämie (Familiäre Dysbetalipoproteinämie = Typ III nach Fredrickson), die durch eine massive Erhöhung des VLDL- und IDL-Cholesterins charakterisiert ist (elektrophoretisch als ß-VLDL erkennbar = breite ß-Bande = „broad-beta-disease“). Die cholesterinreichen ß-VLDL sind extrem atherogen, weshalb zum Zeitpunkt der Diagnosestellung häufig bereits ausgedehnte atherosklerotische Veränderungen bestehen. Gefäßkomplikationen treten vor allem als Koronarinfarkt, periphere arterielle Verschlusskrankheit und cerebrovaskuläre Insuffizienz im vierten bis fünften Lebensjahrzehnt auf. Als pathognomisch für diese Erkrankung gelten gelbliche Handlinienxanthome und Xanthome über den Strecksehnen der oberen und unteren Extremitäten. Bei ApoE3/E2-Heterozygotie ist die Neigung zu hyperlipämischen Dyslipoproteinämien schwächer ausgeprägt.
ApoE4 hat eine ähnliche Affinität zum LDL-Rezeptor wie ApoE3, ist aber vorzugsweise mit den triglyzeridreichen VLDL und weniger mit den HDL assoziiert. Diese Konstellation führt bei ApoE4/E4-Homozygoten zu teilweise massiven Hypertriglyzeridämien mit einer Verminderung des HDL-Cholesterins und einer Erhöhung des LDL-Cholesterins. Darüber hinaus gibt es einen signifikanten Zusammenhang zwischen der ApoE4-Isoform und dem Auftreten der nicht familiären „late-onset“ Alzheimer-Erkrankung. Es wird geschätzt, dass ApoE4 an etwa 50 % aller Alzheimerfälle beteiligt ist. Gegenüber dem Durchschnitt der Bevölkerung haben ApoE4-Heterozygote ein 4fach und ApoE4/E4-Homozygote sogar ein 12fach höheres Risiko, an Morbus Alzheimer zu erkranken. Auch für den Manifestationszeitpunkt des Morbus Alzheimer scheint der ApoE-Phänotyp eine Bedeutung zu haben. Während bei ApoE4/E4-Homozygoten der Ausbruch bereits um das 60. Lebensjahr beobachtet wird, tritt er beim heterozygoten ApoE3/E4-Phänotyp erst zwischen dem 70. und 80. Lebensjahr auf.
 
Bewertung
Für die Diagnostik der Familiären Dysbetalipoproteinämie (Typ III nach Fredrickson) ist die ApoE-Genotypisierung absolut indiziert. Eine ApoE2/E2-Homozygotie im Zusammenhang mit dem klinischen Bild und den entsprechenden Lipoproteinwerten gilt als beweisend für diese Erkrankung. Da die Typ III-Hyperlipoproteinämie diätetisch und medikamentös i. d. R. gut zu beherrschen ist, kommt ihrer rechtzeitigen und richtigen Diagnostik eine besondere Bedeutung zu.
Die ApoE-Genotypisierung kann ebenfalls für die Differentialdiagnostik der Alzheimer-Erkrankung und der Altersdemenz eingesetzt werden, ist jedoch als Screening-Methode nicht zu empfehlen.
Literatur
Corder EH, Saunders AM, Strittmatter WJ, Schmechel DE, Gaskell PC, Small GW, Roses AD, Haines JL, Pericak-Vance MA (1993): Gene dose of apolipoprotein E type 4 allele and the risk of Alzheimer's disease in late onset families. Science 261, 921-923
 
Feussner G, Feussner V, Hoffmann MM, Lohrmann J, Wieland H, Marz W. (1998): Molecular basis of type III hyperlipoproteinemia in Germany. Hum Mutat 11, 417-423
 
Lovestone S. (1999): Early diagnosis and the clinical genetics of Alzheimer's disease. J Neurol 246, 69-72
 
Mahley RW, Rall SC Jr. (2000): Apolipoprotein E: far more than a lipid transport protein. Annu Rev Genomics Hum Genet 1, 507-537
AnhängeDownload.png Ringversuchszertifikat April 2022.pdf
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