Erreger
Das Varizella-Zoster-Virus (VZV) ist ein DNA-Virus aus der Familie der Herpesviridae. Nach Primärinfektion persistiert VZV lebenslang in sensiblen Spinalganglien und Ganglien der Hirnnerven.
Infektionsweg und Verbreitung
VZV wird durch Aerosole und direkten Kontakt (Bläschen) mit einem sehr hohen Kontagiositätsindex (> 90 %) übertragen. Die Ansteckungsfähigkeit bei Windpocken beginnt 1 – 2 Tage vor Auftreten des Exanthems und endet 5 – 7 Tage nach Auftreten der letzten Effloreszenzen. Herpes Zoster ist bis zu 5 Tage nach Exanthembeginn infektiös. Die Durchseuchung mit VZV im Erwachsenenalter liegt in Deuschland bei ca. 95 %.
Klinik
- Inkubationszeit: 8 - 28 (meist 14 - 16) Tage
- Primärinfektion = Varizellen (Windpocken): 1 - 2 Tage uncharakteristische Prodromi, dann Exanthem mit Papeln, Bläschen und Schorf in verschiedenen Entwicklungsstadien sowie Fieber über 3 - 5 Tage. Komplikationen: bakterielle Superinfektion, Varizellenpneumonie (Erwachsene und Schwangere, meist 3 - 5 Tage nach Exanthembeginn), ZNS-Beteiligung (Meningitis, Enzephalitis, Myelitis transversa, Guillain-Barré-Syndrom)
- Reaktivierung = Herpes Zoster (Gürtelrose): Vesikuläre Eruptionen innerhalb eines Dermatoms mit zum Teil starken Schmerzen, tritt bei 10 - 30 % der latent Infizierten im Laufe des Lebens auf, ferner Zoster ophthalmicus, Zoster oticus etc. Komplikationen: postherpetische Neuralgien, bei Immunsupprimierten disseminerter Zoster, ZNS-Beteiligung (meningeale Reizung, Meningoenzephalitis, aufsteigende Myelitis), VZV-Vaskulitis im ZNS (auch ohne Hautmanifestationen!).
- Infektion in der Schwangerschaft: (1) Fetales Varizellensyndrom: bei Erstinfektion der Schwangeren im 1. oder 2. Trimenon: Haut- und ZNS-Beteiligung, Fehlbildungen (Hirnatrophie, Paresen, Krampfleiden), Augenschäden und Skelettanomalien. (2) Neonatale Varizellen: Bei Erkrankung der Mutter innerhalb von 5 Tagen vor oder bis zu 48 Stunden nach der Geburt, Letalität bis 30 %. Das größte Risiko haben Neugeborene, die zwischen dem 5. und 10. (12.) Lebenstag an Varizellen erkranken.
Diagnostik
Eine Labordiagnostik ist vor allem sinnvoll bei atypischen Krankheitsbildern, bei Patienten mit Immundefizienz, ZNS-Erkrankungen, Pneumonie, Infektionen während der Schwangerschaft und des Neugeborenen.
Nachweis von VZV-DNA aus Bläschenabstrich, Liquor, Blut, Sekret etc.
- Methode der Wahl zum Nachweis einer akuten VZV-Infektion
- Bei V.a. intrauterine Infektion sollten Chorionzotten, Fruchtwasser oder fetales Blut untersucht werden.
Nachweis VZV-spezifischer AK (IgM-/IgA-/IgG-AK):
- Bei Primärinfektion (Varizellen) treten IgM- und IgG-AK 3 - 6 Tage nach Exanthem-Ausbruch auf; oft auch IgA-AK. IgM-AK bleiben für 2 - 3 Monate, niedrige IgA-AK über Monate bis Jahre, IgG-AK lebenslang nachweisbar (Immunitätsabklärung!).
- Bei Herpes Zoster steigen IgG- und IgA-AK innerhalb der ersten zwei Krankheitswochen in ca. 85 % der Patienten deutlich an. Nur in ca. 35 % der Fälle erscheinen auch wieder IgM-AK.
- Boostereffekte der IgG- und IgA-AK kommen auch bei reexponierten Gesunden ohne Krankheitssymptome vor!
- Bei V. a. ZNS-Infektion: VZV-IgG-AK aus Serum und Liquor und Bestimmung des VZV-spezifischen AK-Indices ab ca. 7. Krankheitstag möglich, indiziert bei V. a. VZV-Vaskulitis, weniger sensitiv bei akuter Infektion.
Therapie und Prophylaxe
Die antivirale Therapie erfolgt mit Acyclovir, Valacyclovir, Famciclovir oder Brivudin. Die aktive und ggf. passive Immunisierung sollte gemäß STIKO-Empfehlung erfolgen.
Meldepflicht
Direkter und indirekter Erregernachweis sind meldepflichtig nach § 7 IfSG (sofern sie auf eine akute Varizellen-Erkrankung hinweisen), Windpocken (Verdacht, Erkrankung, Tod) meldepflichtig nach § 6 IfSG. In den Ländern Brandenburg und Sachsen ist zusätzlich der Herpes Zoster (Erkrankung, Tod) meldepflichtig. |